Die sogenannte „Angst vor Sichtbarkeit“ müsste eigentlich „Angst vor Unsichtbarkeit“ heißen, denn das Internet ist mittlerweile so überfüllt, dass wir froh sein können, wenn uns überhaupt jemand wahrnimmt. Warum ist die Angst vor Sichtbarkeit trotzdem so hartnäckig und weit verbreitet?
Denn weit verbreitet ist sie, auch wenn immer noch viel zu wenig darüber gesprochen wird. Vielleicht liegt es daran, dass sie immer noch mit dem Stigma der Faulheit, des persönlichen Versagens und der Unprofessionalität behaftet ist.
Als ich mich vor 10 Jahren selbstständig gemacht habe, gab es diesen Begriff noch gar nicht. Damals hatte ich eine schwere Depression und wusste nicht, warum. Hätte mir jemand gesagt, dass ich an einer besonders schweren Form der Angst vor Sichtbarkeit litt, dann wäre ich mit der Angststörung anders umgegangen und hätte sie viel früher heilen können.
Deine Ängste sind bis zu einem gewissen Grad völlig normal. In diesem Artikel zeige ich dir, wie du sie erkennen kannst, was wirklich dahinter steckt, wie sie dich unbewusst beeinflussen und vor allem, wie du ohne den Druck von Social Media einen achtsamen und selbstbestimmten Weg zu mehr Sichtbarkeit im Internet gehen kannst.
In diesem Artikel erfährst du:
- welche psychologischen Gründe hinter der Angst vor Sichtbarkeit stecken
- wie sich diese Angst unbewusst auf deinen Businessalltag auswirkt
- mit welchen praktischen Strategien du deine Komfortzone sanft erweiterst
Die Ursachen der Sichtbarkeitsangst verstehen
Hast du dich schon einmal gefragt, woher diese lähmende Angst vor der Sichtbarkeit kommt? Die Antwort liegt tiefer, als wir vermuten. Hier sind 4 Faktoren, die uns unbewusst prägen:
- Der evolutionäre Überlebensinstinkt: Nicht aufzufallen sicherte schon in der Urzeit das Überleben unserer Vorfahren. Sie waren darauf angewiesen, sich in die Gemeinschaft einzufügen, um Schutz zu finden. Damals war es äußerst ungesund, die schützende Gemeinschaft zu verlassen, sich auf eine Waldlichtung zu stellen und laut zu rufen: „Hallo, hier bin ich. Kommet und kaufet!“ Wer dann sicher kam, war der Säbelzahntiger, und der hat an der Kasse nicht bezahlt. Dieser Instinkt ist dem Menschen bis heute tief eingeprägt, nur dass er sich heute in Angst vor Kritik, Bewertung oder Ablehnung ausdrückt.
- Gesellschaftliche Erwartungen: Wer die wilde Urzeit überlebt hat, dem ist eine gewisse Vorsicht angeboren. Diese wird noch verstärkt durch die Prägungen unserer Erziehung, vor allem bei uns Mädchen: „Sei nicht so frech! Halt dich zurück! Das steht dir nicht zu!“ Je deutlicher uns das in der Erziehung gesagt wurde, desto vorsichtiger sind wir geworden. Wir Frauen sind auch heute noch viel stärker als Männer mit Erwartungen, engen Rollenvorstellungen und Kritik konfrontiert. In der Öffentlichkeit kann der Grat für uns Frauen sehr schmal und die Häme entsprechend groß sein. Puh, anstrengend!
- Psychologische Prägungen: Der starre Rahmen unseres Rollenbildes ist gefüllt mit den ganz persönlichen Erfahrungen, die wir im Laufe unseres Lebens gemacht haben: Vielleicht sind wir in der Schule gehänselt worden, haben im Sportverein nicht überzeugt oder uns im ersten Job furchtbar blamiert. Solche Erfahrungen können tief sitzende Ängste auslösen, die mit dem Schritt in die Selbständigkeit wieder aufbrechen. Sie führen zu Glaubenssätzen wie „Ich darf nicht auffallen“ oder „Ich bin nicht gut genug“ und sabotieren damit erfolgreich unsere Marketingaktivitäten.
- Persönliche Glaubensmuster: Nicht zuletzt sind da noch unsere extrem kraftvollen Glaubenssätze. Klassiker wie „Ich bin nicht gut genug“ oder „Was sollen die anderen von mir denken“ sind eng mit unserem Überlebensinstinkt und den Erfahrungen der ersten Lebensjahre verbunden. Ursprünglich waren sie sinnvoll, denn sie dienten unserem Schutz und sollten unser Überleben sichern. Obwohl die ursprünglichen Gefahrensituationen nicht mehr existieren sind diese Überlebensmuster immer noch aktiv und werden vom Gehirn auf potenzielle Gefahrensituationen in der Gegenwart übertragen.
Wenn du diese unbewussten Mechanismen und Hintergründe einmal verstanden hast, wirst du auch die Muster erkennen, mit denen das Gehirn dein Streben nach mehr Sichtbarkeit im Internet unbewusst sabotiert. Unsere Angst vor Sichtbarkeit ist also kein Versagen oder Faulheit, sondern ein komplexes Zusammenspiel verschiedenster Faktoren.
Was wirklich hinter der Angst vor Sichtbarkeit steckt
Ich habe einmal nach „Angst vor Sichtbarkeit“ gegoogelt und eine lange Liste zusammengestellt, was im Einzelnen dahinterstecken kann:
- Angst vor Ablehnung
- Angst, nicht gut genug zu sein
- Angst, Fehler zu machen
- Angst, ausgegrenzt zu werden
- Angst, zu nerven
- Angst vor Entscheidungen
- Angst, sich selbst zu verlieren
- Angst, nicht interessant genug zu sein
- Angst vor Kritik
- Umsetzungsangst
- Angst vor Verantwortung
- Angst vor Neid oder Missgunst
- Angst vor Veränderung
- Mangelndes Selbstwertgefühl
- Mangelnde Selbstkenntnis
- Angst vor Erfolg
- Identitätsängste
- Selbstzweifel
- Hochstaplersyndrom
- Perfektionismus
- Übertriebene Rücksichtnahme/People Pleaser
- Traumatische Erfahrungen
Wie viele dieser Punkte kommen dir bekannt vor? Vielleicht alle? Wenn du herausfindest, was genau dein Problem ist, kannst du es gezielter angehen und ausgleichen. Ich nutze gerne die EFT-Klopfakupressur, um die Themen zu finden, die hinter den Ängsten stecken und sie sanft zu lösen. Oft hilft es sogar schon, sich ein Problem bewusst zu machen oder es beim Namen zu nennen, um es entschärfen zu können.
Wie dich deine Sichtbarkeitsängste unbewusst sabotieren
In einer weiteren Recherche fand ich heraus, dass es beinahe genauso viele Vermeidungsstrategien wie Formen von Angst gibt. Unser Gehirn wird bei der Vermeidung (vermeintlicher) Gefahren wirklich sehr kreativ! Vielleicht kommen dir einige der folgenden Verhaltensweisen bekannt vor:
- Der Klassiker – die Aufschieberitis: Wir schieben To Dos wie das Schreiben von Blogartikeln oder Social Media Posts wochenlang vor uns her, obwohl wir es eigentlich besser wissen. Und schämen uns ganz fürchterlich dafür.
- Die eigene Expertise herunterspielen: Es will einfach nicht gelingen, das eigene Angebot ausführlich auf der Webseite darzustellen, eine überzeugende Über-mich-Seite zu schreiben oder eine Seite mit erfolgreich abgeschlossenen Referenzprojekten anzulegen. Es könnte ja jemand die Nase rümpfen…
- Perfektionismus und endlose Korrekturschleifen: Projekte und Inhalte werden nie fertig und endlos perfektioniert, um sie möglichst nicht veröffentlichen zu müssen. Dahinter steckt – natürlich – die Angst vor Kritik.
- Scheu vor Selbstdarstellung: Bloß kein Gesicht zeigen! Am liebsten vermarkten wir unsere Leistung und bleiben dabei selbst völlig anonym, um keine Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen.
- Chancen unbewusst sabotieren: Ein Kunde ruft an? Wir rufen einfach nicht zurück. Oder erst nach Wochen. So stellen wir sicher, dass uns Aufträge entgehen und sich unser Glaubenssatz „Ich bin nicht gut genug“ immer wieder bestätigt.
- Ständige Selbstzensur: Wir passen unsere Texte und Ideen so lange an, bis sie klingen wie alle anderen auch. Schließlich wollen wir nicht unangenehm auffallen und machen deshalb alles so, wie es alle machen.
- Verkaufen unter Wert: Am liebsten würden wir unsere Produkte ganz billig hergeben oder sogar verschenken, weil unser Hochstaplersyndrom uns einflüstert, dass wir unseren Preis nicht wert sind.
- Kontakt mit Besuchern oder Interessenten vermeiden: Hilfe, Kundin droht mit Bestellung! Lieber aus der Reichweite aller Kundinnen schleichen, als verletzt oder zurückgewiesen zu werden.
- Vermeiden von Direktansprache: Wir vermeiden Follow-ups von Anfragen oder aktives Verkaufen, um nicht als aufdringlich wahrgenommen zu werden.
- Positive Bewertungen zurückhalten: Eigenlob stinkt! Deshalb bitten wir unsere zufriedene Kundin gar nicht erst um eine positive Bewertung. Und wenn doch, veröffentlichen wir sie lieber nicht, denn das könnte ja selbstgefällig wirken.
- Die Schwierigkeit, Entscheidungen zu treffen: Jede noch so kleine Entscheidung erfordert endloses Hin- und Herüberlegen und Abwägen, weil wir Angst vor Fehlentscheidungen, Veränderungen oder mehr Verantwortung haben.
- Abhängigkeit von externem Feedback: Wir suchen ständig die Bestätigung von anderen, weil wir unsicher und voller Selbstzweifel sind. Das hindert uns daran, eigenständig zu handeln.
- Ständige Anpassung an Kundenwünsche: Wir verbiegen uns bis zur Selbstaufgabe, um Kundenwünsche zu erfüllen, nur weil wir keine gesunden Grenzen setzen können.
- Reduzierte Sichtbarkeit aus Angst zu nerven: Wir glauben, dass wir als lästig empfunden werden, wenn wir regelmäßig Newsletter schicken oder Social Posts veröffentlichen.
- Sabotage von Erfolgserlebnissen: Etwas ist gut gelaufen? Toll, dann spielen wir es herunter und machen es nicht noch einmal, denn sonst könnten unsere Bemühungen ja zum Erfolg führen.
- Nichts zu Ende bringen: Wenn etwas nicht fertig ist, kann es auch nicht veröffentlicht werden. Den letzten Schritt einfach zu „vergessen“ ist eine wirksame Selbstsabotage, um nie mit der Arbeit fertig zu werden.
Welche dieser Taktiken kommen dir bekannt vor? Sei hier ganz ehrlich zu dir selbst. Wenn dich mehrere dieser Selbstsabotagen davon abhalten, dein Business mit voller Kraft zu starten, dann gehe lieber einen Schritt zurück und arbeite zuerst an deinen Ängsten. Sie werden dich sonst immer wieder einholen und behindern.
5 praktische Schritte zur Überwindung der Sichtbarkeitssabotage
Diese beiden Listen sind frustrierend lang, nicht wahr? Je länger wir uns mit unseren Vermeidungstaktiken beschäftigen, desto mehr Gewicht bekommen sie in unserer Wahrnehmung. Und je länger wir unsere Ängste vor uns herschieben, desto größer werden die Hemmschwellen. Zeit also, etwas dagegen zu tun! Zum Glück lassen sich Ängste gut behandeln. Mit etwas Übung kannst du sie sogar in deine ultimativen Stärken verwandeln.
Mit den folgenden 5 Schritten kannst du deine Sichtbarkeitsängste Schritt für Schritt abbauen. So kannst du deinem Business die Sichtbarkeit geben, die es verdient und es achtsam in deinem Tempo aufbauen. Ohne dich verbiegen oder mit Social-Media stressen zu müssen.
- Entwickle eine authentische Positionierung als dein sicheres Fundament: Wenn du weißt, wofür du stehst, welchen Wert du deinen Kundinnen bietest und wo deine besonderen Stärken liegen, fällt es dir leichter, aus einer inneren Stärke heraus zu agieren. Diese Klarheit gibt dir die innere Erlaubnis, dich und deine Expertise selbstbewusst zu zeigen.
- Baue eine professionelle Webpräsenz ohne Social-Media-Zwang auf: Wenn du nicht ständig posten und dich in den sozialen Medien zeigen willst, ist deine Website der beste Weg, um dir ein digitales Zuhause zu schaffen, in dem du dich wohlfühlen und genau die richtigen Kundinnen anziehen kannst. Eine gut gestaltete Webseite ist oft mehr wert als tausend Posts. Nutze SEO, um gezielt für dein Thema sichtbar zu werden.
- Integriere die EFT-Kopftechnik: EFT ist ein großartiges Werkzeug, um mit akuten Ängsten und nagenden Zweifeln umzugehen. Egal, ob du vor einem Kundengespräch stehst, einen Blogpost veröffentlichen willst oder einfach das Gefühl hast, dich nicht zeigen zu können – EFT hilft dir, deine inneren Blockaden aufzulösen und dich emotional zu stabilisieren, wenn die alten Ängste wieder hochkommen.
- Mit Babysteps die Komfortzone erweitern: Du musst dich nicht von heute auf morgen komplett verändern, um deine Komfortzone zu verlassen. Plane bewusst kleine Aktionen: einen neuen Blogpost, ein Foto auf deiner Website hochladen oder ein Gespräch mit einer potenziellen Kundin. Jeder noch so kleine Schritt stärkt dein Selbstvertrauen.
- Konzentriere dich auf nachhaltige Marketingstrategien, die zu dir passen: Statt dich auf alle möglichen Plattformen zu stürzen, nur weil es alle anderen auch machen, konzentriere dich auf das, was sich für dich natürlich anfühlt und zu deinem Geschäft passt. SEO, Bloggen, Podcast oder Newsletter sind nur einige Möglichkeiten, wie du authentisch und dauerhaft präsent werden kannst.
Fazit
Der Schritt in die Selbständigkeit ist eine große Herausforderung für Gehirn und Psyche. Es ist ganz normal, dass die unterschiedlichsten Ängste auftauchen und dabei mentale Blockaden verursachen. Mach bitte nicht den Fehler, sie zu ignorieren und zu glauben, dass sie irgendwie von allein verschwinden. Je früher und intensiver du dich mit deinen Ängsten auseinandersetzt, desto kraftvoller kannst du in deine Selbstständigkeit starten.
Möchtest du Unterstützung bei deiner Reise in die Sichtbarkeit?
In einem kostenlosen Strategiegespräch herausfinden wir heraus, welche Ängste dich gerade lähmen und wie du trotzdem eine authentische Internetpräsenz aufbauen kannst – mit Strategien, die sich gut für dich anfühlen.